Weilburg (jw). Der Verein „Weilburg erinnert“ e.V. ruft am 9. November dazu auf, die Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen wachzuhalten. Eine für heute, Montag, geplante Gedenkveranstaltung in der Weilburger Innenstadt wird aus aktuellem Anlass (Anmerkung für Homepage: Aufgrund der Corona-Pandemie) auf den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2021 verschoben.
In den Tagen um den 9. November 1938 wurden nahezu alle Synagogen im damaligen Deutschen Reich von SA-Trupps zerstört und niedergebrannt. In Weilburg wurden Geschäfte und Wohnungen der jüdischen Weilburger, die dem Nazi-Terror bis dahin standgehalten hatten, in Schutt und Asche gelegt, das Mobiliar zerstört und Wertsachen geplündert. Die den Übergriffen ihrer Nachbarn und Mitbürger schutzlos Ausgesetzten mussten erleben, dass die Polizei nicht etwa gegen die Gewalttäter einschritt, sondern sie gewähren ließ. Die in Weilburg noch lebenden Männer unter 65 Jahren wurden ohne Gerichtsverfahren grundlos in „Schutzhaft“ genommen und in Konzentrationslager verbracht, wo sie über mehrere Wochen festgehalten wurden, mit schrecklichen Folgen.
Eine Strafverfolgung der Täter, der für Gewalttaten, Zerstörungen und Plünderungen Verantwortlichen, gab es nicht, im Gegenteil, die Opfer wurden auch noch zur „Sühneleistung“ verpflichtet, mussten die Schäden schnellstmöglich beseitigen und für die entstandenen Kosten aufkommen. Das Synagogengebäude in der Bogengasse 2 war der geplanten Zerstörung entgangen, weil es im September 1938 verkauft worden war, die jüdische Gemeinde hatte sich unter dem Druck der NS-Machthaber zum 31. Oktober aufgelöst. Die ehemals große jüdische Gemeinde in Weilburg war bereits seit der „Machtergreifung“ Hitlers 1933 massivem politischem und gesellschaftlichem Druck ausgesetzt, weswegen der erzwungene Exodus der Weilburger Juden früh begann.
Der Verein Weilburg erinnert e.V. hat zwischenzeitlich die Namen von annähernd 100 Menschen aus dem Synagogenbezirk Weilburg zusammengetragen, die Opfer des Holocaust wurden. Diese Menschen, so der Vorsitzende des Vereins, Markus Huth, seien gewaltsam aus der Stadtgesellschaft herausgerissen worden. Ihre Namen sollten nach dem Willen der NS-Machthaber aus der Erinnerung gelöscht werden. Neben den Namen der jüdischen Weilburgerinnen und Weilburger, die gedemütigt, diskriminiert, in den Tod getrieben, deportiert und ermordet wurden, ist es Weilburg erinnert e.V. ein zentrales Anliegen, an alle Opfer des NS-Terrors in Weilburg zu erinnern. Namen und Biografien von politisch und religiös Verfolgten, von Opfern der „Euthanasie“ und Zwangssterilisation wie auch von Zwangsarbeitern aus Weilburg liegen dem Verein Weilburg erinnert vor. Auch diese Namen der bisher in Weilburg Unbekannten sollen in die Erinnerung mit hineingenommen werden.
„Wer nicht erinnert, vergisst. Wer vergisst, kann schuldig werden“, ist ein Leitspruch der Mitglieder des Vereins „Weilburg erinnert“. Deshalb hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung nicht verblassen zu lassen und am Beispiel der vielen Verfolgten des NS-Regimes aus Weilburg und Umgebung deutlich zu machen, wie notwendig es ist, für die Achtung der Menschenwürde einzutreten. „Unsere Demokratie lebt nicht von selbst, Demokratie braucht Mut“, ist ein weiterer Leitgedanke. „Dies bedeutet für uns“, sagt der Vorsitzende Markus Huth, „engagiertes Eintreten für ein demokratisches Miteinander, eine Kultur der Toleranz und für die Freiheiten, für die der in Paris ermordete französische Lehrer Samuel Paty eingetreten ist.“