Weilburg erinnert e. V.

Theaterprojekt 2024 mit der FJLS Hadamar zu den T4-Krankenmorden in Hadamar

Die Schülergruppe mit dem Vorsitzenden von "Weilburg erinnert", Markus Huth (1. v. r.) und der Lehrerin Lena Hofmann (2. v. l.) sowie Crischa Ohler (vordere Reihe, 1. v. l.) und Sjef van der Linden (vordere Reihe, 1. v. r.) vom Theater mini-art. (Foto: Peryton Film).

Theaterprojekt mit der Fürst-Johann-Ludwig-Schule Hadamar

Erfolgreiche Aufführung: „Die Mordkiste von Hadamar“ berührt Publikum in Vitos-Festsaal

(HADAMAR) Am vergangenen Freitag präsentierten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10dG der Fürst-Johann-Ludwig-Schule Hadamar im Festsaal von Vitos Weil-Lahn ihre selbst erarbeitete theatralische Performance „Die Mordkiste von Hadamar“. Die Aufführung war das Ergebnis eines einwöchigen theaterpädagogischen Projekts unter der Regie der Schauspieler Crischa Ohler und Sjef van der Linden vom Theater mini-art e. V. sowie unter der Leitung des Vereins „Weilburg erinnert e. V.“.

Vor ausverkauftem Haus mit 100 Zuschauern erntete die Performance Standing Ovations. Das Publikum war tief bewegt von der Intensität und Authentizität der Darbietung, die die Grausamkeit der NS-‚Euthanasie‘-Verbrechen in der ehemaligen Tötungsanstalt Hadamar thematisierte. „Es war beeindruckend zu sehen, mit welchem Feingefühl und welcher Hingabe sich die Jugendlichen den Biografien der Opfer genähert haben. Alle Texte wurden von den Schülern selbst verfasst“, betonte Crischa Ohler, die gemeinsam mit ihrem Schauspielkollegen und Theaterpädagogen Sjef van der Linden Regie führte.

Auch die Zuschauer äußerten ihre Begeisterung. „Die Leistung der Schüler hat mich sprachlos gemacht. Das Stück war bewegend und tiefgründig“, sagte eine Zuschauerin nach der Vorstellung. Susanne Langel (FWG), erste Stadträtin des Magistrats Hadamar, lobte: „Ihr habt eindrucksvoll gezeigt, dass die Jugend für unsere demokratischen Werte einsteht.“

Empathie und gesellschaftliche Verantwortung im Fokus

Das Projekt bot den Jugendlichen die Möglichkeit, kreativ tätig zu werden und gleichzeitig eine intensive Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit zu erleben. Ziel war es, Empathie, Einfühlungsvermögen und ein Bewusstsein für gesellschaftliche Verantwortung zu fördern. „Die Kombination aus Textarbeit, Schauspiel und körperlichem Ausdruck hat den Schülern geholfen, sich intensiv in die Rollen der Opfer und Zeitzeugen hineinzuversetzen“, erklärte Sjef van der Linden.

Das Stück setzte sich eindringlich mit den Schicksalen der Opfer auseinander, die im Zuge der nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Verbrechen in Hadamar ermordet wurden. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Darstellung der Busfahrten mit den sogenannten „grauen Bussen“, die die Opfer unwissend in die Tötungsanstalt brachten. Durch eine beeindruckende Kombination aus Dialogen, Bewegung und Musik gelang es den Jugendlichen, die Ungewissheit und Angst der Betroffenen greifbar zu machen.

Eine weitere bewegende Szene war das Verlesen der Namen von 28 Ermordeten, stellvertretend für die unzähligen Opfer der NS-„Euthanasie“, sowie die Szene „Kein Wort, sag kein Wort“, die deutlich machte: In der Bevölkerung waren die Verbrechen, die auf dem Mönchberg vonstatten gingen, gut bekannt – doch sie wurden verschwiegen.

„Die Art und Weise, wie die Schüler Geschichte lebendig gemacht haben, ist außergewöhnlich“, mein Schulleiter Philipp Naumann. „Es ist so wichtig, dass junge Menschen diese Verantwortung übernehmen.“

Erinnerungskultur als Auftrag für die Zukunft

Die Tötungsanstalt Hadamar war eine zentrale Einrichtung des NS-‚Euthanasie‘-Programms, in der zwischen 1941 und 1945 fast 15.000 Menschen ermordet wurden. Das Theaterstück erinnerte an die Opfer – Menschen, die aufgrund von Beeinträchtigungen, Herkunft oder sozialem Status für ‚lebensunwert‘ erklärt wurden. Die Jugendlichen setzten ein klares Zeichen für eine lebendige Erinnerungskultur. „Erinnern, Gedenken und Lernen aus der Vergangenheit sind essenziell, um zukünftige Generationen für Menschlichkeit, Vielfalt und Demokratie zu sensibilisieren“, betonte Markus Huth, Vorsitzender von „Weilburg erinnert e. V.“.

Besonders eindrucksvoll formulierte es die Schülerin Leni in ihrem Monolog: „Heute dürfen wir denken und aussprechen, was wir wollen, ohne Konsequenzen zu fürchten. Damals gab es keine Freiheit, sie durften nicht sie selbst sein. Wir müssen aus der Vergangenheit lernen, um unsere Freiheit zu schützen.“

Vorbereitung und Förderung

Im Vorfeld des Projekts wurden die Jugendlichen von den Historikerinnen Anja Horstmann („Weilburg erinnert“) und Lisa Caspari (Gedenkstätte Hadamar) auf das Thema vorbereitet. Dabei standen die Biografien der Opfer im Mittelpunkt, die später in den szenischen Arbeiten aufgegriffen wurden.

Das Projekt wurde großzügig durch die Zukunft bilden Stiftung von Andrea und Markus Eisel sowie die Deutsche Postcode Lotterie finanziell unterstützt. In der Organisation des Projekts wurde der Verein „Weilburg erinnert“ durch Eva Jung von der Unternehmenskommunikation von Vitos Weil-Lahn und dem Team der Gedenkstätte Hadamar unterstützt. Lena Hofmann, Lehrerin der Fürst-Johann-Ludwig-Schule, begleitete die Projektwoche engagiert.

Ausblick

Die Zusammenarbeit zwischen „Weilburg erinnert“ und der Fürst-Johann-Ludwig-Schule wird fortgesetzt: Bereits im Februar steht ein weiteres theaterpädagogisches Projekt zu den NS-Krankenmorden in Hadamar auf dem Programm. Mit Projekten wie „Die Mordkiste von Hadamar“ leistet der Verein „Weilburg erinnert“ nicht nur einen Beitrag zur Erinnerungskultur, sondern zeigen eindrucksvoll, wie junge Menschen aktiv an der Aufarbeitung der Vergangenheit beteiligt werden können.

Bildergalerien Zum Theaterprojekt

14.11.2024: Projekt- und Thementag "NS-"Euthanasie""

18.11.2024: Fotos von den Projekttagen und Probenphasen - Theaterprojekt zum NS-Krankenmord

22.11.2024: PROJEKTPRÄSENTATION THEATERPROJEKT im Festsaal von Vitos Weil-Lahn in Hadamar

VIDEOMITSCHNITT der Projektpräsentation aus November 2024:

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Förderung

Dieses Projekt wurde gefördert durch die Deutsche Postcode Lotterie und die Zukunft bilden – Andrea & Markus Eisel Stiftung.

 

 

Copyright und Quellenangaben

Bilder:

  • Fotos vom 18.11.2024 und 22.11.2024: © Peryton Film Gießen
  • Fotos vom 14.11.2024: © Anja Horstmann

Videomitschnitt:

  • Filmaufnahmen: Peryton Film Gießen
  • Produktion und Schnitt: Peryton Film Gießen
  • Konzeption: Markus Huth und Peryton Film

Spielkonzept:

Das Spielkonzept wurde unter Zuhilfenahme historischer Quellen von den Schülerinnen und Schülern der Fürst-Johann-Ludwig-Schule Hadamar mit Hilfe von Theater mini-art e. V. und Weilburg erinnert e. V. erarbeitet.
Eine Verwendung ohne Zustimmung aller Beteiligten (Fürst-Johann-Ludwig-Schule Hadamar, Theater mini-art e. V. und Weilburg erinnert e. V.) ist nicht gestattet.

Wir danken dem Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und Lisa Caspari von der Gedenkstätte Hadamar, die uns mit umfangreichem historischen Material versorgt haben.