Weilburg erinnert e. V.

Theaterprojekt 2024 zum NS-Krankenmord in Weilmünster und Hadamar

Die Schülergruppe mit dem Vorsitzenden von "Weilburg erinnert", Markus Huth (1. v. l.) und der Lehrerin Angela Krüger (1. v. r.) sowie Crischa Ohler (2. v. l.) und Sjef van der Linden (6. v. r.) vom Theater mini-art. (Foto: Peryton Film). Im Hintergrund das Klinikum Weilmünster.

Theaterprojekt an der Weiltalschule

Dunkles Kapitel kommt ans Licht


Von Angelina Borrello

Weilmünster (abo). „Es ist doch unglaublich was dort passiert ist!“, mit diesen Worten begann die Vorstellung des Theaterprojektes von Schülerinnen und Schülern der Jahrgungsstufe 9 der Weiltalschule im Blumenhof Weilmünster.

Seit nunmehr drei Jahren arbeiten die Weiltalschule Weilmünster, der Verein Weilburg erinnert e. V. und die Theatergruppe mini-art sehr engagiert zusammen, um die NS-Vergangenheit der Kliniken in Weilmünster und Hadamar aufzuarbeiten und diese den Schülerinnen und Schülern, sowie einem interessierten Publikum näherzubringen. Die Projektpräsentation wurde nun im schönen Ambiente des Theaters Blumenhof von Ekkehard Voigt in Weilmünster vorgestellt. 

Das Thema: Protokolle einer Auseinandersetzung mit regionaler Geschichte III – die Tötungsanstalten in Weilmünster und Hadamar zwischen 1933 und 1945. Crischa Ohler und Sjef van der Linden vom Theater mini-art e.V. leiteten die Schülergruppe eine Woche lang professionell an. Das Resultat war ein ergreifendes Theaterstück mit Texten, die die jungen Leute in Eigenarbeit erstellt und in berührender Weise auf die Bühne brachten. 

Der Vorsitzenden des Vereins „Weilburg erinnert“ Markus Huth, begrüßte die Ehrengäste Dorothea Hausleithner (Urenkelin des damaligen Direktors der Klinik Dr. Ernst Schneider), Dekan Johannes Jochemczyk, Martin Engelhardt (Vitos Weil-Lahn), Schulleiterin Anette Schmittel, Klassenlehrer und das zahlreich erschienene Publikum. Gefördert wird das Projekt von der Stiftung „Zukunft bilden“ und der Deutschen Postcode Lotterie. 

„Dieses ergreifende und tiefgehende Projekt löst eine besondere Beziehung der Jugendlichen untereinander aus und die Zusammenarbeit mit dem Verein „Weilburg erinnert sowie dem Theater mini-art gestaltet sich immer sehr unkompliziert“, so Annette Schmittel. „Innerhalb einer Woche schaffen es alle Beteiligten sich in Opfer und Täter „einzuleben“ und die erarbeiteten Gedanken und Empfindungen darzustellen.“ 

Die Fragen „Wie war das alles nur möglich?“ und „Wie ging es den Menschen dabei?“ wurden in Szenen und Bildern eindrucksvoll gezeigt. Wenn zum Beispiel die Nachbarinnen sich darüber wundern, dass einige Personen plötzlich verschwinden und später bekannt wird, sie seien plötzlich an einer „Lungenentzündung“ verstorben, sie aber dazu schweigen aus Angst um ihr eigenes Leben, sind das bedrückende Momente, die man sich sehr gut vorstellen kann.

Fiktive Tagebucheinträge von Opfern aber auch Tätern werden vorgelesen. Ärzte unterhalten sich und bringen das Thema der „Freigabe zur Vernichtung“ zur Sprache. Den Druck, unter dem auch die Mittäter standen, wurde ebenso eindringlich geschildert, einige der Ärzte und Pfleger ertrugen dies nur schwer oder betäubten ihre Gefühle im Alkohol.

Kinder fragten nach dem Verbleib der Menschen in den grauen Bussen, die regelmäßig vollbesetzt fortfuhren und leer zurückkamen. Briefe, Tagebucheinträge und Gespräche fügten sich zu einem Bild der damaligen Zeit und berührten alle Anwesenden. Selbst den Jugendlichen merkte man die Ergriffenheit beim Vortragen an. Immer wieder wurde auch Bezug genommen zur heutigen Zeit, in der es zu ähnlichen Situationen kommen kann. Durch Wegschauen, Schweigen, Machtmissbrauch und Ausgrenzung. 

Einige Stimmen am Ende der Veranstaltung waren: „Wir hatten das Thema noch gar nicht im Unterricht, bevor wir das Projekt starteten“ meinte eine Schülerin. „Auch zuhause kommt es selten zu Gesprächen über die NS-Zeit“ „Schön, dass es ein solches Projekt gibt und die Möglichkeit die Geschichte vor unserer Haustür aufzuarbeiten“. Auch die Urenkelin des Täters Dr. Schneider war sehr berührt und froh dieses dunkle Kapitel ihrer ganz persönlichen Geschichte ans Licht geholt zu haben. Sie war, wie alle Anwesenden sehr ergriffen vom Theaterprojekt, das auch noch im Festsaal in Hadamar aufgeführt wurde.

 

Bildergalerien Zum Theaterprojekt

27.06.2024: Projekt- und Thementag "NS-"Euthanasie""

01.07.2024: Fotos von den Projekttagen und Probenphasen - Theaterprojekt zum NS-Krankenmord

06.07.2024: PROJEKTPRÄSENTATION THEATERPROJEKT NS-Krankenmord im Blumenhof-Theater Weilmünster

09.07.2024: Wiederaufnahme und Präsentation des Theaterprojektes in Hadamar

VIDEOMITSCHNITT der Projektpräsentation aus Juli 2024:

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Förderung

Dieses Projekt wurde gefördert durch die Deutsche Postcode Lotterie und die Zukunft bilden – Andrea & Markus Eisel Stiftung.

 

 

Copyright und Quellenangaben

Bilder:

  • Fotos vom 01.07.2024 und 09.07.2024: © Peryton Film Gießen
  • Fotos vom 06.07.2024: © Robin Egerer

Videomitschnitt:

  • Filmaufnahmen: Peryton Film Gießen
  • Produktion und Schnitt: Peryton Film Gießen
  • Konzeption: Markus Huth und Peryton Film

Spielkonzept:

Das Spielkonzept wurde unter Zuhilfenahme historischer Quellen von den Schülerinnen und Schülern der Weiltalschule Weilmünster mit Hilfe von Theater mini-art e. V. und Weilburg erinnert e. V. erarbeitet.
Eine Verwendung ohne Zustimmung aller Beteiligten (Weiltalschule Weilmünster, Theater mini-art e. V. und Weilburg erinnert e. V.) ist nicht gestattet.

Wir danken dem Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, die uns mit umfangreichem historischen Material versorgt haben.